Religion im Dialog - Ein Interview über die Lehrwerksreihe
09.10.2023
Religion im Dialog
Ein Interview mit den Herausgeberinnen und Herausgebern der Lehrwerksreihe
Interview geführt von Elisabeth Schreiber-Quanz
Was hat Dich dazu veranlasst, an „Religion im Dialog“ mitzuarbeiten?
Beate Wenzel: Grundsätzlich bietet die Arbeit an einem Schulbuch eine hervorragende Möglichkeit, jenseits der eigenen Unterrichts- und Ausbildungspraxis (bei mir langjährige Tätigkeit als Fachausbilderin Ev. Religion) konzeptionell über Unterricht nachzudenken. Das Nachdenken über Unterricht erfolgt natürlich auch im Rahmen der genannten Arbeitsbereiche, hier jedoch innerhalb eines, wie sich rasch herausstellte, gut funktionierenden Teams: Die Präsentation erarbeiteter Kapitel, die detailliertere Auseinandersetzung mit einzelnen Text- und Bildmaterialien, das Ringen um Formulierungen z. B. im Kontext von Aufgabenstellungen – all das ist fordernd, gelegentlich mühselig, unbedingt jedoch bereichernd und oft sehr freudvoll! Der besondere Reiz zur Mitarbeit an „Religion im Dialog“ lag für mich jedoch vor allem in der konzeptionellen Ausrichtung des Werkes: Der dialogisch orientierte Blick über die eigenen konfessionellen Grenzen hinaus auf Menschen anderer Religionen und Kulturen, gerade auch auf religiös distanzierte und kritisch fragende Menschen, bietet spannende Anknüpfungspunkte, sich über religiös relevante Meinungen auszutauschen, in einen Diskurs zu treten und die eigenen Überzeugungen zu reflektieren – darin liegt für mich eine Hauptaufgabe zeitgemäßer religiöser Bildung.
Nun sind alle drei Bände erschienen. Was war besonders schön und was eine Herausforderung?
Christiane Rösener: Besonders schön war es, in einem Team darüber nachzudenken, wie gute Aufgaben und Materialien Schülerinnen und Schüler miteinander und mit Menschen anderer Erfahrungen ins Gespräch bringen können. Wannhaben wir im Alltag sonst schon einmal die Möglichkeit, so ausführlich über gute Texte, Bilder, Lieder und Aufgabenstellungen nachzudenken? Da muss doch immer alles sehr schnell gehen. Einmal haben wir z. B. lange darüber gestritten, ob wir ein Heiligenbild, das ich ziemlich kitschig und altmodisch fand, aufnehmen sollten. Wir haben es dann getan, weil mich überzeugt hatte, dass das Bild mir als Protestantin natürlich besonders fremd ist, dass dies aber für einige katholische Schülerinnen und Schülern sehr anders sein kann.Zudem habe ich in dem Gespräch realisiert, dass das Bild, gerade weil es etwas aus der Zeit gefallen wirkte, zusammen mit einer guten Aufgabenstellung, zu produktivem Denken anregen kann. Durch solche Gespräche habe ich viel für meinen Religionsunterricht gelernt. Auch durch die Anregungen unserer jüdischen und muslimischen Berater habe ich mich weiterentwickelt. Jüdische Berater haben beispielsweise unsere Fotos von Jüdinnen und Juden sehr kritisch unter die Lupe genommen und uns Rückmeldungen dazu gegeben, welche Stereotypen durch bestimmte Darstellungen angetriggert werden. Das hat in einigen Fällen dazu geführt, dass wir Fotos wieder herausgenommen haben. Eine besondere Herausforderung war es, gute Materialien zu finden und aus der Fülle der möglichen Materialien die Besten auszuwählen. In den Phasen der Kapitelkonzeption türmten sich in meinem Zimmer immer Bücherstapel und Zettelsammlungen, aus denen sich dann erst langsam mit einem roten Faden ein Kapitel herausgeschält hat. Wenn der dann da war, wurde es wieder etwas einfacher.
Hörempfehlung: Interview mit Christiane Rösener zu Christlichem Religionsunterricht: Online anhören
Was zeichnet Euch als Team von Herausgeberinnen und Herausgebern sowie Autorinnen und Autoren aus?
Josef Fath: Die Herausgeberinnen und Herausgeber sind oder waren alle in der Aus- und Weiterbildung von Religionslehrkräften tätig. Dadurch konnten wir auf Erfahrungen zurückgreifen im Hinblick darauf, was Unterrichtende und Schülerinnen und Schüler von einem Lehrwerk erwarten. Die meisten von uns kannten sich bereits im Vorfeld aus themenbezogenen Veranstaltungen. Das dabei gewachsene gegenseitige Vertrauen und die positiven Erfahrungen mit konfessionell-kooperativen Formen des Religionsunterrichts führten zu der Idee, ein Religionsbuch zu entwickeln, das von Vertreterinnen und Vertretern beider Konfessionen konzipiert wird und sowohl für den Evangelischen als auch den Katholischen Religionsunterricht geeignet ist. Das konnte allerdings nur funktionieren, weil das gemeinsame Anliegen, nämlich ein Lehrwerk zu konzipieren, das den Ansprüchen des Fachs und der Idee der überkonfessionellen Zusammenarbeit gerecht wird, bei allen Beteiligten immer im Vordergrund stand. Bei unseren Arbeitstreffen herrschte eine konzentrierte, aber immer entspannte und von gegenseitiger Sympathie und von Respekt geprägte Arbeitsatmosphäre. Kritik an Ideen und Vorschlägen wurde stets sachlich formuliert und diskutiert. Dass sich die Herausgeberinnen und Herausgeber zusammen mit ihren jeweiligen Autorinnen und Autoren persönlich sehr gut verstanden haben, hat sicher auch wesentlich zum Gelingen des Projekts beigetragen.
Wie funktioniert „Religion im Dialog“, sprich wie sieht das Konzept kurz erklärt aus?
Rainer Goltz: Das Konzept von „Religion im Dialog“ ist, ein Lehrwerk zu erstellen, das sowohl für den konfessionellen Religionsunterricht als auch für verschiedene Formen des konfessionsübergreifenden Unterrichts einsetzbar ist. Daher ist der im Titel ausgedrückte dialogische Zugriff konsequent umgesetzt, indem existenzielle Fragen von Schülerinnen und Schülern in den Dialog mit Deutungsversuchen der christlichen Tradition(en) und anderer Religionen ins Gespräch gebracht werden. Konkret bedeutet dies, dass wir im Herausgeberteam sowohl evangelische als auch katholische Personen haben, in den Autorenteams immer wieder auch auf konfessionelle Zusammenarbeit gesetzt haben und uns von jüdischen und muslimischen Fachleuten Beratung geholt haben.
Auf der Ebene der didaktischen Grundprinzipien korrespondiert dieses dialogische Prinzip mit einer konsequenten Orientierung an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler und deren individuellen Fragen und Deutungsversuchen. Dies wird in dem gewählten Doppelseitenprinzip in der Regel so umgesetzt, dass die linke Seite die Lernenden mit dem existenziellen Bezug des Lernthemas vertraut macht und intuitive Präkonzepte abruft, sodass die rechte Seite dann einen anreichernden Lernimpuls liefern kann, und so ein kontrollierter Kompetenzaufbau gewährleistet ist. Neben diesem Grundprinzip sind etwa auch die Lernaufgaben der Kapitel so konzipiert, dass sie zu komplexen, herausfordernden und lebensweltlich situierten Produkten anregen und Wissen immer eingebunden in Problemlösungskompetenzen aktiviert werden muss.
„Religion im Dialog“ hat für Judentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus kein eigenes Kapitel im jeweiligen Band. Wieso habt Ihr euch gegen dieses etablierte Vorgehen entschieden?
Josef Fath: Der Umgang mit anderen Religionen wird von uns als durchgängige Aufgabe des Religionsunterrichts verstanden. „Religion im Dialog“ – der Name des Lehrwerks ist demnach Programm und Aufgabe in allen Kapiteln des Buches. Der interreligiöse und interkonfessionelle Dialog soll sich nicht nur auf eine einzelne Unterrichtsreihe beschränken, sondern anhand konkreter Fragestellungen und Anknüpfungspunkte immer wieder aufgegriffen werden. Bei vielen Themen kommen Angehörige anderer Religionen mit ihren je eigenen Traditionen und Ausdrucksformen zu Wort und werden somit als echte Gesprächspartnerinnen und-partner ernst genommen. Mit diesem Ansatz lernen die Schülerinnen und Schüler nicht nur die Sichtweisen anderer Religionen kennen, sondern verstehen zugleich auch den eigenen Glauben immer besser. Darüber hinaus leistet Religion im Dialog einen Beitrag zur Friedenserziehung im Rahmen schulischer Bildung, indem sich das Lehrwerk nicht auf die Vermittlung von „Faktenwissen über“ Religionen beschränkt, sondern „im Gespräch mit“ Andersgläubigen den vielfach zu beobachtenden Tendenzen einer Instrumentalisierung von Religionen für politische Ziele und Ideologien entgegentritt.
Wie habt Ihr bei der Erarbeitung des Lehrwerks gewusst und sichergestellt, was im Unterricht funktioniert?
Rainer Goltz: Hier muss man sicherlich zunächst so ehrlich sein und zugeben, dass es unmöglich ist, wirklich sicherzustellen, dass „etwas im Unterricht funktioniert“. Unterricht als ein komplexes Geschehen mit zum Teil bis zu 35 beteiligten Individuen kann nicht allein durch die materielle Steuerung – etwa durch ein Schulbuch –„funktionieren“. Wir haben aber allein durch die vielen Jahre Erfahrung im Unterrichten und Entwickeln von Religionsunterricht, die alle vier Herausgeberinnen und Herausgebern besitzen, eine gewisse Sicherheit, grundsätzlich geeignetes Material zu erstellen. Darauf alleine wollten wir uns aber nicht verlassen und haben nahezu das gesamte Buch vorher einmal praktisch erprobt, indem es in verschiedenen Schulen mit unterschiedlicher Schülerschaft ausprobiert wurde. Bei vielen Kapiteln ist es sogar gelungen, die Reihe parallel zur Konzeptionierung in verschiedenen Klassen durchzuführen und so die unterrichtliche Rückmeldung und die Erfahrungen in der Durchführung direkt in die Kapitel einzuarbeiten. Dadurch ist letztlich das Lehrwerk in der Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern erstanden. Ich selbst habe etwa meine Lerngruppen immer wieder Seiten bearbeiten lassen und dann in einer kurzen metakognitiven Schleife die Seite selbst zum Thema gemacht und erfragt, welche Aufgabenstellung die Schülerinnen und Schüler aus welchen Gründen bevorzugen würden oder welches Material ihnen mehr Lernanlass bietet. Neben diesen „Feldversuchen“ während der Konzeptionierung haben wir in der konkreten Umsetzung natürlich auch Möglichkeiten der Differenzierung wie Wahlaufgaben, Vernetzungshinweise, etc. berücksichtigt, die das Lehrwerk variabel für unterschiedliche Lerngruppen machen und so ein „Funktionieren“ auch unter anderen Bedingungen wahrscheinlich machen.
Warum ist „Religion im Dialog“ ein gutes Lehrwerk?
Josef Fath: Religion im Dialog versucht, Schülerinnen und Schülern durch lebensnahe Situationen und Fragestellungen die Relevanz und die Chancen des christlichen Glaubens für eine gelingende Lebensgestaltung aufzuzeigen. Mithilfe vielfältiger Materialien erwerben die Lernenden fundiertes Wissen und werden ermutigt, sich mit den großen Fragen des Lebens in altersgemäßer Form auseinanderzusetzen. Mit unterschiedlichen Aufgabenformaten und im Dialog mit Anderen lernen die Schülerinnen und Schüler, zu tragfähigen Antworten zu kommen. Möglicherweise unbekannte oder ungewohnte Methoden, die im Anhang des Buches anschaulich erklärt werden, regen die Schülerinnen und Schüler zu kreativem Umgang mit den einzelnen Themen an. Alternativvorschläge bei den Aufgaben eröffnenden Lehrkräften Differenzierungsmöglichkeiten im Lernprozess und ermöglichen den Lernenden einen Zugang zu den Themen, der ihren individuellen Interessen und Fähigkeiten gerecht wird. Durch die Präsentation unterschiedlicher konfessioneller und religiöser Perspektiven versucht das Lehrwerk, das Anliegen einer umfassenden Ökumene im Denken der Schülerinnen und Schüler zu etablieren. Der Entstehungsprozess von Religion im Dialog ist ein Beispiel dafür, wie diese Ökumene auch praktisch gelingen kann. An der Konzeption nahezu aller Kapitel waren evangelische und katholische Autorinnen und Autoren beteiligt und in vielen Fällen wurde zusätzlich die Expertise von Angehörigen anderer Religionen zur Vermeidung von Fehlern und einseitigen Sichtweisen genutzt. Das Netzsymbol verweist auf Verbindungen zwischen verschiedenen Themenbereichen und erleichtert dadurch die Arbeit mit dem Buch. Darüber hinaus geben die zu allen Bänden erscheinenden Lehrerhandbücher den Unterrichtenden Hinweise und Hilfen an die Hand, wie sie die angebotenen Materialien sinnvoll nutzen können.
Was war für Lehrkräfte ausschlaggebend, das Lehrwerk einzuführen?
Christiane Rösener: Viele Kolleginnen und Kollegen merken von Jahr zu Jahr deutlicher, wie sich ihre Religionskurse verändern. Immer weniger Schülerinnen und Schüler sind in einer Konfession wirklich zuhause. Immer mehr muslimische, jüdische und auch Schülerinnen und Schüler anderer Religionsgemeinschaften sitzen in unseren Kursen. Für diese sehr gemischten und auch kleiner werdenden Kurse müssen wir auch anderen Unterricht machen. So sind viele Kollegien auf der Suche nach Fragestellungen, Materialien und Aufgaben, die der Pluralität ihrer Schülerschaft gerecht werden. Sie finden mit „Religion im Dialog“ ein Schulbuch, das die Vielstimmigkeit der Gesellschaft und der Schülerschaft aufgreift und für das Gespräch im Unterricht nutzen will. Das gefällt ihnen.
In Niedersachsen stehen wir gerade kurz vor der Einführung des Christlichen Religionsunterrichtes. Auch dieser Umbruch hat in vielen Fachkonferenzen dazu geführt, dass sich Kolleginnen und Kollegen schon jetzt auf diesen Unterricht vorbereiten wollen. Und für diese Vorbereitung finden Sie in „Religion im Dialog“ zahlreiche Anregungen. Einige von ihnen haben mir auch gesagt, dass sie mit „Religion im Dialog“ ein Buch gefunden haben, das sie durch den klaren didaktischen Aufbau der Kapitel gut in ihrem Unterricht einsetzen können. „Endlich mal ein Buch, mit dem man richtig arbeiten kann“, sagte mir eine Kollegin bei der letzten Vorstellung.
Was sind aus Deiner Erfahrung heraus die größten Herausforderungen im Religionsunterricht? Und was bedeutet das für ein Lehrwerk?
Rainer Goltz: Sicherlich ist es gegenwärtig die größte Herausforderung für den Religionsunterricht, die Relevanz unserer Themen für Lernende erfahrbar werden zu lassen. Schülerinnen und Schüler lernen eben nur – das haben nicht zuletzt die Forschungen im Bereich der Neurodidaktik wieder eindrucksvoll bestätigt –wenn der Sinn und die Notwendigkeit des zu Lernenden evident ist. Lernen ist ein anstrengender und energieintensiver Vorgang und es muss sich aus Sicht des Lernenden „lohnen“, diesen Aufwand zu investieren. Nur wenn Schülerinnen und Schülern klar wird, worin die bleibende Bedeutung der verschiedenen Themen im Religionsunterricht für den je einzelnen Lernenden in seinem individuellen Kontext besteht, werden sie sich darauf auch in einem nicht nur oberflächlichen Sinne einlassen. Für ein Lehrwerk bedeutet dies nicht nur, dass wir uns als Autorinnen und Autoren selbst immer wieder diesen Lebensweltbezug vergegenwärtigen müssen, sondern auch, die elementaren Wahrheiten und Strukturen der Lerngegenstande auf die elementaren Erfahrungen der Lernenden zu beziehen und den Bezugspunkt aufzuspüren, an dem das Thema für Schülerinnen und Schüler erlebbar wird. Wenn man jetzt bedenkt, dass wir ja in einem Lehrwerk nicht völlig frei und nach bestem theologischem Wissen und didaktischer Kompetenz agieren können, sondern dabei mehr als 10 z. T. recht unterschiedliche Lehrpläne und Kerncurricula berücksichtigen müssen, wird dies bisweilen zu einem recht komplizierten Unterfangen. Ich bin aber überzeugt,dass es uns durchgehend gelungen ist, diese Relevanz für das gegenwärtige und zukünftige Leben von Lernenden deutlich zu machen und die Ergebnisse der Evaluation der in fast allen Kapiteln am Ende stattfindenden „Lernerfolgsdiagnose“, in der das Erlernte in einer komplexen Situation mit hohem Aufforderungscharakter angewendet werden muss, bestätigen diesen Eindruck.
Die Berücksichtigung der Heterogenität von Schülerinnen und Schülern ist wichtig. Was bietet „Religion im Dialog“, um wirklich alle Schülerinnen und Schüler abzuholen und zu motivieren?
Beate Wenzel: Ich denke, dass ein großer Vorzug des Werkes darin besteht, dass die einzelnen Kapitel und Themenbereiche konsequent in Orientierung an lebensweltlichen Bezügen gestaltet werden. Durch „unverbrauchte“, z. T. sehr innovative Materialien, oft in überraschender Zusammenstellung, gezielte Aufgabenstellungen und Impulse zum Weiterdenken können Schülerinnen und Schüler entdecken, dass auch vermeintlich veraltete Text- und Bildmaterialien sowie religiöse Inhalte viel mit ihren heutigen Fragen, Hoffnungen und Zweifeln zu tun haben. Die Heterogenität der Lernenden hatten wir bei unserer Arbeit stets im Blick und haben in unseren Kapiteln teilweise sehr unterschiedliche, frei wählbare Zugänge zu einzelnen Materialien angeboten. Auch findet sich im Lehrerhandbuch eine Fülle von Vorschlägen zur Differenzierung, z. T. in Form konkreter Arbeitsblätter im Rahmen der Zusatzmaterialien.
Und wozu das alles? Was ist aus Deiner Sicht das Ziel von Religionsunterricht und wie wird das in RiD erreicht?
Christiane Rösener: Ich denke, dass die religiöse Dimension zum Leben und zu jedem Menschen dazugehört. Viele Menschen wissen aber nicht mehr, dass die Fragen, die sie haben und die ihnen in Liedern, den sozialen Netzwerken, auf der Straße oder im Gespräch mit anderen Menschen begegnen, eine religiöse Dimension haben. Das aufzuzeigen, zu zeigen, dass die Welt um uns herum voller religiöser Fragen, Antworten und Praktiken ist, die wir entdecken und entschlüsseln können und von denen wir uns auf dem Weg zu uns selbst anregen lassen können, das ist für mich die zentrale Aufgabe des Religionsunterrichts. Dazu bietet das Lehrwerk „Religion im Dialog“ viele Anregungen. Dort sind viele Materialien aufgenommen, in denen Schülerinnen und Schüler religiöse Spuren entdecken können. Sie werden dazu angeregt, diese Spuren als religiös zu identifizieren und mit religiösen Deutungen und Praktiken aus verschiedenen Konfessionen und Religionen in Beziehung zu setzen. So können sie ihre Welt mit einer religiösen Brille lesen lernen. Ihnen werden Worte, Begriffe und Konzepte gegeben, mit denen sie Fragen stellen und Antworten geben können. Und immer werden sie dazu angeregt, die Begriffe der „alten“ Antworten mit ihren Erfahrungen zu füllen: Gnade, Barmherzigkeit, Auferstehung, Gerechtigkeit, Gott…
Da kein Mensch dies allein tun kann, werden die Schülerinnen und Schüler immer wieder zum Gespräch aufgefordert: zu einem Gespräch mit dem Muslim Semih, der von der Beerdigung seines Opas erzählt, zum Gespräch mit dem Priester Hans Huber, der ihnen von der Krankensalbung erzählt,zum Gespräch mit der Protestantin Sabine Rückert,die davon erzählt, wie sie die Auferstehung versteht oder zum Gespräch mit dem konfessionslosen Klassenkameraden Martin, der zum ersten Mal eine Kirche betritt.
Warum sollten Lehrkräfte nicht auf den Lehrerband zu „Religion im Dialog“ verzichten?
Beate Wenzel: Um das Potenzial der Materialien und Impulse der einzelnen Kapitel wirklich auszuschöpfen, bietet der Lehrerband eine wichtige flankierende Unterstützung: Informative theologisch didaktische Kommentare in der gebotenen Kürze sowie prägnante Übersichten in Form eines „roten Fadens“ führen in die Konzeption und das Grundanliegen der einzelnen Kapitel ein. Zu jeder Doppelseite finden sich sodann inhaltliche Erläuterungen, vielfältige didaktisch-methodische Impulse und Materialien zur Weiterarbeit. Gerade weil die zentralen Fragestellungen zu den einzelnen Doppelseiten im Schülerband tendenziell offen und komplex angelegt sind, stellt der Lehrerband eine wertvolle und mit Sicherheit die individuelle Unterrichtsplanung anregende Ergänzung dar.
Beate Wenzel ist Leiterin des Studienseminars für das Lehramt an Gymnasien in Hannover. Sie hat langjährige Erfahrung als Gymnasiallehrerin und Fachleiterin für Ev. Religion.
Dr. Christiane Rösener ist Gymnasiallehrerin und Fachleiterin für Ev. Religionan einem Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien.
Josef Fath war bis 2020 Gymnasiallehrer und Fachleiter für Kath. Religion am Studienseminar für dasLehramt an Gymnasien in Braunschweig.
Dr. Rainer Goltz ist Gymnasiallehrer in Pulheim. Er ist Fachleiter für Ev.Religionslehre am ZfsL Leverkusen, Lehrbeauftragter am Institut für Ev. Theologie der Universität zu Köln und Fachberater für Ev.Religionslehre bei der Bezirksregierung Köln.